Logistik eines Lesungsbesuches oder: Wer zum Teufel hatte denn bitte diese Schnapsidee?!

Um es vorweg zu nehmen: Ich fürchte, die Schnapsidee war von mir. 

Allerdings aus Mitleid. Weil Marion (Bloggin' Hinkenpinken)so traurig war. Sie konnte zu der "Stroblanzki" (Strobel und Poznanski) Wohnzimmerlesung , veranstaltet von Ankas Geblubber und dem Bücherkaffee, nicht mitkommen. Und das tat mir so leid. Noch mehr, nachdem ich dort war und erlebt hatte, wie klasse die Lesung war. Da habe ich angefangen, Lesungstermine zu durchforsten. Und der am 24.06. in Rietberg schien passend. Ca. 140 km, also erreichbar, an einem Freitag, die Uhrzeit so, das die Anreise nach Feierabend kein Problem war...ja, das ging.

Zack, Tickets bestellt, Hotel gebucht, Freundin freut sich, ich auch wieder glücklich.


Die Vorbereitung


Donnerstag, 23.06.2016, 05:15 Uhr

Was ich bei der spontanen Planung ein wenig außer Acht gelassen habe, war, das Urlaubszeit ist, ich also eher nicht vorzeitig Feierabend machen kann. Und ich dann ja direkt von der Arbeit aus Marion einsammeln muss (die glücklicherweise  eine Lösung gefunden hat, sich sozusagen selber einzusammeln) , dann, noch in Arbeitsklamotten, los. Die Tasche muss ich heute schon packen, morgen keine Chance, es passt nur,wenn wir von der Firma aus starten. Ach ja, zum Frisör muss ich heute auch noch und es ist sehr wahrscheinlich, das ich nicht pünktlich Feierabend haben werde. Ach, und für meine Ma muss ich"eben" in denBaumarkt. Uff.

Aber zurück zum Freitag ( das ist schon morgen!). Start direkt nach Feierabend. In Arbeitsklamotten. 
Auf zum Hotel im Raum Lippstadt, im freitäglichen Verkehr. Hotel suchen, finden. Duschen, lesungsfein machen. Lesungsort suchen und finden, Parkplatz suchen und finden.
Wenn wir ganz viel Glück haben, klappt das Ganze halbwegs stressfrei. Aber würde ich daran glauben, könnte ich auch gleich einen Brief an den Weihnachtsmann schreiben. :-D

Freitag, 24.06.2016, 05:00 Uhr

So. Ich habe gestern gepackt. Direkt nachdem ich Feierabend hatte, einkaufen und beim Frisör war. Alles in direkter Folge, ohne Pause, bei 35 Grad. Und ja, ich möchte jetzt eine Dose Mitleid! :-) Ich bin sooo tapfer!
Hat auch super geklappt mit dem Packen. Habe heute Morgen erst fünf Dinge zusammengesucht, die ich vergessen hatte. :-D
Jetzt zur Arbeit, dann geht es um 15 Uhr direkt los, ab ins Auto, durchgeschwitzt wie ich bei den Temperaturen sicher sein werde, und los. Es walte Hugo, das wir gut durchkommen und  noch etwas chillen und nen Kaffee trinken können. Und hoffentlich bin ich nicht so platt, das ich während der Lesung dauernd Gähnen muss....

Die Anreise


Samstag, 25.06.2016, 14:00

Ja, ich schreibe erst am Folgetag, dem Tag nach der Lesung, weiter. Wollte nach Ankunft im Hotel noch ein bisschen tippen, aber das war leider nicht möglich. Was. Für. Ein. Ritt. 
Start Freitag um 15 Uhr an meiner Firma. Marion wurde von ihrem Mann gebracht. Wir verstauten ihr Gepäck in meinem Auto, die ersten Regentropfen fielen. Mmpf. War ja klar. Na egal.
Navi programmiert auf "Schnellste Route" und los ging es. Mit der Stimme von Yoda leitete uns mein TomTom über Sundern und durch den Arnsberger Wald in Richtung Hotel in Bad Waldliesborn.

Womit mein kleiner, kluger Yoda sicher die schnellste Route ausgesucht hatte- wenn nicht nach ca. 20 Minuten das gemeldete Unwetter über uns hereingebrochen wäre. Gewitter mit Donner und Blitz direkt über uns, Sturzbäche an Regen, die die Straße teilweise kaum noch erkennen ließen. Im Schneckentempo ging es Berge hinauf und hinunter. Kurzfristig dachte ich zweimal sogar darüber nach, anzuhalten, weil die Sicht gleich null war. Die vorraussichtliche Ankunftszeit auf dem Navi wanderte immer weiter nach hinten. Dazu kamen noch zwei gesperrte Straßen, die Umwege nötig machten und somit weitere Zeit kosteten.Wenn schon Spaß bei der Anreise, dann auch richtig! 

Niemand kann mir vorwerfen, ich würde nicht alles geben, um zu einer Lesung meiner Lieblingsautoren zu kommen. ;-)
Die Stimmung im Auto sank langsam ein bisschen. Wir hatten beide seit dem Frühstück nichts mehr gegessen, die Mägen knurrten...aber je später es wurde, desto klarer war, das wir nicht riskieren konnten, unterwegs nochmal anzuhalten. Nicht, wenn wir pünktlich ankommen wollten.
Ich war müde, hätte nen Kaffee gebrauchen können, schließlich stehe ich an Arbeitstagen um 3:30 Uhr auf. Um 6:00 Arbeitsbeginn, bis 15:00, direkt ins Auto...ich war platt. Da wäre Koffein wirklich fein gewesen. Ich sehnte mich außerdem danach, die verschwitzten Arbeitsklamotten auszuziehen und zu duschen. Dafür müssten wir aber das Hotel erreichen. Marion ging es genauso, was den Hunger und die Sehnsucht nach Kaffee anging.
Während wir unseren Unmut kundtaten und uns überlegten, ob wir überhaupt noch zum Umziehen kommen würden oder so, wie wir waren, in Rietberg im Publikum sitzen würden, kämpfte sich mein tapferes, kleines Auto brav durch das Unwetter. 
Und irgendwann dann große Freude: Nicht mehr ganz 8 Minuten bis zurn Ankunft am Hotel! Wir sind gleich....au...Sch...ande. Ein Stau. Und was für einer. Eine riesige Baustelle stand zwischen uns und dem Hotel. So nah und doch so fern. Jetzt hing die schwarze Wolke nicht mehr über dem sondern im Auto. Langsam waren Marion und ich echt genervt. Statt 1 Stunde 30 Minuten waren wir jetzt schon 2 Stunden 30 Minuten unterwegs. Gnaaaaaaa! Ich war schon kurz davor, vor Wut dem Wegweiser am Straßenrand zu folgen. Auf die paar Kilometer kam es auch nicht mehr an. ;-)

Gottlob haben wir es dann irgendwann endlich ins Hotel geschafft. Ein herrliches, großes Zimmer, das wir leider kaum genießen konnten. Duschen, umziehen, und wieder ab dafür. In nicht ganz 30 Minuten waren wir in Rietberg auf einem großen Parkplatz in der Nähe des Lesungsortes. Jetzt schnell gucken, wo wir hin müssen, dann in Ruhe nach einem Restaurant suchen. Und vielleicht, so überlegte ich,könnte ich ja auf dem Weg ja auch noch den ein oder anderen Cache heben. Hatte in der App ein paar gesichtet, es regnete nicht mehr...wäre doch ein Beitrag. 

Kaum standen wir neben dem Auto, grummelte es bedrohlich über unseren Köpfen. Ich wollte vorsichtshalber die Schirme aus dem Kofferraum mitnehmen. Aber da war nur ein kleiner Schirm drin. Der zweite ist offenbar auf dem Weg vom alten ins neue Auto irgendwo falsch abgebogen. Oops.
Na, mit Glück würde es ja vielleicht nicht sooo schlimm...
Na? Lacht ihr schon? Natürlich wurde es schlimm, was auch sonst! :-D
Zu zweit unter dem winzigen Schirm in einem Regenguss vom Feinsten. Bis wir, nach Sondierung der Location, endlich eine kleine Pizzeria gefunden hatten, in der wir endlich was essen konnten, waren wir beide zur Hälfte patschnass. Bah!
Supersüss dann die unglaublich nette Bedienung in der kleinen Pizzeria, die ihre tropfenden Gäste großzügig mit Küchenkrepp versorgte. Wenigstens ein kleines bisschen trockener, ließen wir uns die köstliche Pizza schmecken und genossen den kurzen Moment der Ruhe. Eine halbe Stunde bis zum Einlass, die genau reichte, um den Hunger zu stillen, etwas zu verschnaufen und per Selfie zu checken, ob die Frisur den Regenguss halbwegs überstanden hat. ;-) (Wenn man genau hinschaut, sieht man, das das T-Shirt auf der linken Schulter deutlich dunkler ist...)

Die Lesung


Tja, es war ein langer, harter Weg bis wir endlich unsere Plätze im alten Progymnasium einnehmen konnten . Immer noch mit nassen Klamotten aber inzwischen erheblich besserer Laune ( kein Hunger mehr ;-D) nahmen wir auf zwei Stühlen in der ersten Reihe Platz, die von den anderen Besuchern bis dahin verschmäht worden waren. 

Vorfreude kam endgültig auf, als Frau Poznanski und Herr Strobel kurz zum "Soundcheck" ihre Plätze einnahmen. Arno Strobel  wünschte den versammelten Zuhörern dann gleich, fürsorglich wie er ist, eine gute Heimfahrt und verabschiedete sich. :-) Humor hat er, kann man nicht anders sagen. 
Und dann wäre ich fast vom Stuhl gefallen, weil etwas passierte, mit dem die kleine Frau aus dem Sauerland so überhaupt nicht gerechnet hatte. Bleibt der Mann doch vor mir stehen und sagt: "Wir kennen uns aber! " 
Ich war völligst baff! Ich war schon bei vielen seiner Lesungen, und nie hat er mich wiedererkannt. Darum hatte ich auch dieses Mal mit keiner großartigen Reaktion seinerseits gerechnet. Umso mehr habe ich mich natürlich gefreut über die Begrüßung. You made my day, Mr. Strobel!
Ursula wusste dann auch sofort noch, woher: "Ja sicher, von Anka! " Frauen können sich sowas einfach besser merken. ;-)
Das Programm startete kurze Zeit später mit einer musikalischen Darbietung. Dummerweise habe ich den Namen des Herrn am Flügel vergessen. Auf jeden Fall war das ein schöner Auftakt. Mal was anderes, fand ich gut.
Die erste Autorin war Gisela Garnschröder. In der Region für ihre Krimis bekannt, sie las aus ihrem 6. Band, "Feuer im Furbachtal", dem Krimi um einen Brandstifter, basierend auf wahren Begebenheiten und mit viel Lokalkolorit. War nicht so meins, aber ich bin auch kein Fan von Regionalkrimis. Nach einem weiteren Klavierstück ging es dann in die Pause. Es wurden Schnittchen gereicht, kennt man von Lesungen sonst so gar nicht, fand ich eine schöne Idee von den Veranstaltern.
Mit einem Bierchen bewaffnet- das hatten wir uns ja nun wirklich redlich verdient- begaben Marion und ich uns in den Garten und bewunderten die ausgestellten Plastiken. Irgendwie unheimlich, aber ich mochte sie wirklich. Insgesamt gefiel mir die Location sehr gut, ich kann mir absolut vorstellen, nochmal zu einer Veranstaltung hin zu fahren. Möglichst bei besserem Wetter, dann könnte man den schönen Ort Rietberg insgesamt mal ein bisschen erkunden. 

Nach der Pause - in deren Verlauf ich von Frau Poznanski noch vorsichtig darauf hingewiesen wurde, das das aber die gleiche Lesung wäre, die ich schon kenne, nix neues ;-) - ging es los mit dem Hauptteil des Abends. Und Marion konnte nun endlich erleben, wovon ich so geschwärmt hatte. 

Und obwohl ich schon wusste, was kam, hat es mir auch beim zweiten Mal ausgesprochen gut gefallen. Zwei Profis , die sich die Bälle gegenseitig zuspielen, ein spannender Text- einfach genial! Da ich "fremd" ja inzwischen auch gelesen habe, sah ich so einige Szenen aus dem Roman wieder vor meinem inneren Auge. Ein echter Genuss.
Wer das Buch noch nicht gelesen hat, dem kann ich es nur ans Herz legen. Das ist für mich wirklich der mit Abstand beste Thriller, den ich dieses Jahr gelesen habe und auch nicht so leicht zu toppen. Dieser Wechsel zwischen den Perspektiven, die Story...ich liebe das Buch einfach.
Eine objektive Rezension ist mir da gar nicht möglich. Wie ich den Autoren schon sagte, das kann ich nicht rezensieren, das wären zu viele Superlative. 
Vielleicht liegt es auch daran, das ich während des Lesens oft das Zusammenspiel der Beiden im Kopf hatte, das ich während der Lesung erlebt hatte. Oder daran, das hier zwei Vollprofis am Werk waren. Lest es bitte einfach und bildet euch selbst eine Meinung. Ich liebe es jedenfalls und fiebere schon "anonym" entgegen. 
Die Lesung selbst war auch wieder klasse von Anfang bis Ende, wir haben das Progymnasium um kurz vor Mitternacht zufrieden und gut unterhalten verlassen. Das kann man sich locker auch zweimal angucken, ohne das einem langweilig wird. Und ich hoffe so sehr, das es die Emails irgendwann als CD geben wird! So göttlich! 
Sorry übrigens an die Autoren, das ich deswegen fast ein bisschen gespoilert habe. Ich hatte Angst, die kommen nicht mehr, und dann hätte ich wirklich was vermisst!  ;-) <3

Somit haben sich die anstrengende Fahrt und der Stress vorher wirklich gelohnt. Und auch die Heimfahrt, die dank neuerlichem Stau und dichten Nebels nicht wirklich angenehm war. Was soll es, wir hatten einen tollen Abend, endlich mal wieder eine "Mädels Tour" - und über den Spaziergang im Sturzregen zu zweit unter einem winzigen Schirm erzählen wir mit Sicherheit noch lachend unseren Enkelkindern. Weil, normal und komplikationslos kann ja jeder. :-D

Jetzt warte ich noch gespannt darauf, das Marion "fremd" liest und was Sie dazu meint.

 

Und da derzeit keine weiteren Lesungen anliegen, beginne ich nun mit der Vorfreude auf die Frankfurter Buchmesse. Da Ursula Poznanski und Arno Strobel dank des im September erscheinenden, zweiten gemeinsamen Romanes dort sein werden, kann ich mich dann auch gleich auf ein Wiedersehen mit den beiden freuen. ( Die Frage danach war übrigens "rethorisch", nicht "sporadisch"...aber nach dem, was ich an dem Tag hinter mir hatte, mag man mir meine Wortfindungsstörungen verzeihen. Ich war verwirrt. ;-) )

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Kommentare: 3
  • #1

    Marion (Sonntag, 26 Juni 2016)

    Hast du sehr schön geschrieben. Ich freue mich schon auf die nächste Tour.

  • #2

    Ankas Geblubber (Sonntag, 03 Juli 2016)

    Wow, da hast du aber mächtig in die Tasten gehauen. Ein unglaublich toller, humorvoller und ausführlicher Bericht. Ich hatte das Gefühl direkt dabei gewesen zu sein. Mannoman, mit euch erlebt man immer was! Jedes Event mit euch ist ein Highlight für mich.
    Die Skulpturen sehen wirklich sehr sehr unheimlich aus....
    Viele liebe Grüße
    Anka

  • #3

    Anja (Sonntag, 03 Juli 2016 21:11)

    Tja, Anka, langweilig war gestern. ;-) Wenn Marion und ich unterwegs sind ist immer was los. Ich denke schon mit wohligem Grauen an die Buchmesse. :-)
    Da wirst Du ja teilweise live dabei sein dürfen, wenn das Chaos losbricht. :-D